Regelmäßig werden durch die Biologische Station an den Rieselfeldern in Münster öffentliche Führungen angeboten. Unter fachkundiger Leitung werden den Teilnehmern die Geschichte, Bedeutung und
Schönheit dieses Natuschutzgebietes nahe gebracht. Große Bedeutung hat das Gebiet für zahlreiche Vogelarten, die dort während des Vogelzugs rasten, brüten und leben. Angeblich sollen dort die
Hälfte aller in Deutschland vorkommenden Vogelarten zu sehen sein, ein ornithologisches Mekka der Vogel- und Naturfreunde. Und so fällt auch gleich auf, dass viele Besucher ein Fernglas oder
Spektiv mitführen, ein Vogelbestimmungsbuch in der Tasche haben und viele Fotografen mit sehr langen Teleobjektiven unterwegs sind.
Die Führung beginnt mit dem Besuch der Ausstellung an der Biologischen Station, wo viele ausgestopfe Vögel zu sehen sind und eine Weltkarte, auf der die Zugstrecken der dortigen Vogelwelt zu
sehen sind. Selbst aus der Tundra (Sibirien) kommen Vögel zu den Rieselfeldern, um dort "aufzutanken" für ihren Weiterflug nach Afrika. Nachgewiesen wurden diese Züge durch die Beringung und die
weltweite Beobachtung von Vögeln.
Etwa von 1900 bis 1975 waren die Rieselfelder das Auffangbecken für die Abwässer aus der Stadt Münster. Die Stadt wurde immer größer und irgendwann konnten die Felder die großen Wassermengen
nicht mehr aufnehmen. Eine ordentlich Kläranlage musste her und die Rieselfelder sollten zu einem Gewerbe- und Industriegebiet umgebaut werden. Zahlreiche Proteste verhinderten dies und retteten
die Rieselfelder für die Natur und Vogelwelt - und natürlich die Menschen, die die besondere Natur dort genießen können.
Unweit der Biologischen Station an der Coermühle 181, wo die Führungen beginnen, befinden sich 4 leistungsstarke Pumpen, die die Rieselfelder mit Wasser befüllen - so gesehen ist dort das Herz
der Rieselfelder. Das Wasser kommt aus dem Klärwerk, ist vorgereinigt, aber kein aufbereitetes Trinkwasser. Jeden Tag wird der Wasserstand kontrolliert und reguliert. Es handelt sich also
keineswegs um natürliche Gewässer, sondern um künstlich aufgestaute Flächen. Diese sind größtenteils mit Schilf und Gräben eingefasst und für Menschen nicht zugänglich oder einsehbar. Lediglich
an wenigen Stellen gibt es Aussichtsplattformen oder Beobachtungshütten, die einen Blick auf das Geschehen ermöglichen.
Gegenüber der Biologischen Station befindet sich der große Stauteich, der den Wasservorrat für Fälle von Wassermangel aus dem Klärwerk bereit hält. Dies ist meist in den Sommermonaten mit wenig
Wasserverbrauch der Fall, insbes. in der Urlaubszeit bzw. vorlesungsfreien Zeit der Universitätsstadt Münster. Direkt an der Schleuse des Stauteichs soll der Eisvogel, der fliegende blaue
Diamant, zu sehen sein. Dieser wirft von seinem Ausguck einen Blick auf den Fischbestand und fliegt bei Erblicken einer Köstlichkeit wie eine Harpune in das Wasser, um einen Fisch zu
fangen.
Der Stauteich selbst ist reichlich mit Enten, Gänsen, Kormoranen, Kiebitzen, Limikolen und anderen Vögeln besetzt. Weitestgehend unsichtbar sind der Fisch- und Froschbestand sowie die unzähligen
Insekten, die die Nahrungsgrundlage dieses Gebiets ausmachen und die Rieselfelder zu einem riesigen "Vogelrestaurant" machen, welches seit den 60er Jahren von internationaler Bedeutung ist. Seit
1978 anerkannt durch die deutsche Sektion des internationalen Rates für Vogelschutz. Es hat sich in der Vogelwelt weltweit herumgesprochen, dass man hier gut satt werden kann!
Der große Stauteich ist auch das Hauptziel der Besucher, die zahlreich mit dem Rad oder Segway anreisen, da alles recht weitläufig ist. Ein 16 Meter hoher Aussichtsturm bietet eine hervorragende
Übersicht über die Rieselfelder. In weiter Ferne, wo wieder Bäume zu sehen, sind, enden die Rieselfelder im Norden. Die nördlichen Seen sind für Menschen überhaupt nicht zugänglich und bieten
sehr scheuen Vögeln Rückzugsräume.
Im südlichen Bereich befinden sich Heckrinder, die die Vegetation im Zaum halten sollen. Eine Rückzüchtung der hiesigen Rinder mit ganz langen Hörnern - ein großer beeindruckender Papa Heckrind
mit seinen Frauen und Kindern, die mit großen Augen den Besucherstrom am Zaun inspizieren. Aufgrund der Inbrandsetzung einer Scheune mit Heu muss der Bestand zum Winter hin deutlich reduziert
werden, beklagt Dr. Uwe Schütz, der durch die Rieselfelder führt. Auch an den Beobachtungshütten wird über Vandalismus geklagt ... nicht alle Menschen können sich benehmen, nicht mal auf dem
Lande.
Durch besondere Baumassnahmen wird versucht weitere Vogelarten als Nistpaare anzusiedeln. Bei den Störchen hat es vom Bau des Horstes bis zur ersten Brut Jahre bzw. Jahrzehnte gebraucht. Durch
den Bau von kleinen Schwimminseln möchte man auch Seeschwalben ansiedeln, aber diese Inseln wurden bislang immer von anderen Vögeln eingeheimst. Die Naturschützer geben aber nicht auf und werden
sich weitere Ideen einfallen lassen, um Seeschwalbenpaare anzulocken - auch wenn wieder Jahrzehnte vergehen werden.
Wer die Rieselfelder selbst besuchen möchte, kann sich auch von einer Android App führen lassen, diese ist kostenlos im Google Playstore herunterzuladen (https://play.google.com/store/apps/details?id=de.e...).
Besonders im Oktober werden viele Zugvögel im Vogelrestaurant Rieselfelder erwartet - es lohnt sich also auch noch spät im Jahr ein Besuch!
Die Führung durch die Rieselfelder war sehr informativ. Weitere Informationen im Internet: www.rieselfelder-muenster.de
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Uwe Norra (Sonntag, 04 Oktober 2015 11:16)
Ein äußerst gelungener Beitrag !!! Vor allem die Bilder 1 und 3, von den fliegenden Schnatterenten, sind einfach nur der Hammer. Toll, grad diese Art gehört zu meinen Lieblingsvögeln.